Transit – Harvey Bay to Gladstone

Irgendwas brummt. Nicht direkt bei mir, aber irgendwo hier… Jemand stöhnt, so, wie jemand stöhnen würde der gerade durch ein klingelndes Handy wach geworden ist. Jetzt weckt meine Mutter meinen Vater sehr unsanft. Er reagiert, wie jemand eben reagiert wenn er gerade noch tief und zufrieden geschlafen hat und nun von der eher unzufriedenen Frau geweckt wird. Irgendwas ist Zuhause, irgendwas kaputt. Ich will schlafen. Ruhe!

Ist nicht. Das Problem muss eben aus der Welt. Ist anscheinend doch nicht so schlimm und relativ schnell geklärt. Aber jetzt sind sie wach… Sigh, warum nur muss mein Bett in der Wohnküche sein? Ein Blick auf’s Handy: 7:34 Uhr. Viel zu früh. Meine Augen fallen wieder zu, endlich!

Lauter geklapper. Was ist jetzt wieder? Ich schiele nach links. Da steht jemand und… wäscht ab?! Waruuuuuuuum??? Okay, ignore mode. Ich kann das. Schlafen!!

Wieder lärm, diesmal mit besseren Nachrichten. Frühstück – wäre ja fast ein Grund aufzustehen. Oh, es gibt Melone… meine Melone… Yummy…!  Okay, alles langsam hochfahren. Augen auf. Erstmal die Nachrichten checken. Nein, nicht Whatsapp, die Nachrichten. Jaaa, ich bin wach. Halbwegs. Schnell ne Hose an, T-Shirt. Ich will meine geschundene Haut ja nicht weiter der verbrennenden Sonne darbieten. Frühstück gibt’s nämlich draußen.

Mein Blick vom Bett in unserer Hütte. Die Anderen sind draußen beim Frühstück.
Mein Blick vom Bett in unserer Hütte. Die Anderen sind draußen beim Frühstück.

Ein bisschen Rührei mit Wurst, einem Glas Wasser und vieeeel Melone später bin ich endgültig wach – und zufrieden. Das ändert sich schnell. Es ist irgendwie kurz nach 9, um 10 müssen wir auschecken, und das will Alex auch einhalten. Ich denke ja 10 oder 15 Minuten länger stören keinen, aber ich will den großen Bruder ja nicht ärgern. Also los, Koffer packen. Überall liegt Elektronik rum und Teile von dem Action-Cam Zubehör. Ich schaffe das.

Es klappt einigermaßen, 10 Minuten zu spät sind wir jetzt trotzdem, aber es stört tatsächlich irgendwie niemanden. Sie schauen nicht mal nach wie es dort aussieht. Australien halt. So, jetzt kommt der entspannte Teil. Autofahren. Nur bin ich gerade dabei mich mit Sonnencreme vollzuschmieren als Alex plötzlich wieder kommt und auch schon los fährt. Das Auto piept, ich bin noch nicht angeschnallt, aber die Hände sind ja voller Creme. Ächz, wie anstrengend. Irgendwie schaffe ich es ohne das ganze Auto mit einzucremen. Jetzt fühle ich mich wie eine fettige Bratwurst die jemand auf den Beifahrersitz geschnallt hat damit sie langsam durch die Sonne gar und braun wird.

Erstes Ziel: Bundaberg. Vielleicht kennt einer von euch den guten australischen Bundaberg Rum ja, oder eine von deren fantastischen Limonaden, wobei ich letztere außerhalb Australiens noch nie gesehen habe. Wir wollen dort mal vorbeischauen, vielleicht die Anlage besuchen und noch eine oder zwei Flaschen günstiger einsacken 😉

Die Fahrt ist ruhig und vergeht schnell. Ab und zu regnet es, typisch australischer Sommer. Die Scheiben beschlagen dann wegen der hohen Luftfeuchtigkeit von außen. Wir sind ein eisgekühltes Bier auf Rädern in der tropischen Hitze Australiens – so jedenfalls stelle ich mir den Effekt immer vor 😀 . Nach anderthalb Stunden sind wir schon da. Alex findet einen schattigen Parkplatz, dann geht es in die Distellerie. Die Führung ist leider gerade erst los, wir entscheiden uns darauf zu verzichten und gehen direkt in den Shop. Dort gibt es Regenschirme, Untersetzer, Eiskübel, Cocktail-Messbecher, Barmatten, Gläser mit Metallelementen, Sticker usw., alles mit dem verzierten Bundaberg-Schriftzug. Vieles davon sieht ziemlich geil aus, leider ist aber auch so ziemlich alles natürlich ziemlich teuer. Nur der Rum, der ist günstiger. Normalerweise kostet eine Flasche 49.99$ (australische Dollar), hier sind es, wenn man gleich 3 kauft, nur ca. 37$. Da greifen wir zu. Für Mamas Kumpel in Melbourne gibt es ebenfalls eine Flasche Rum, natürlich mit dem Label, welches darauf hinweist das diese Flasche nur in diesem einen Laden verkauft wird.

Zurück zum Auto. Die Strecke, die vor uns liegt, ist länger. Deshalb versorgen wir uns erstmal selbst mit der oben bereits erwähnten Melone. Meine Mutter möchte irgendein besonderes kosmetisches Produkt haben und bittet deswegen um einen Stop bei einer Drogerie bzw. Apotheke. Später finde ich heraus, dass es sich bei diesem Produkt um Thermalwasser handelt und sie das gar nicht so sehr für sich, sondern für mich und meinen leichten Sonnenbrand haben möchte. Jetzt müssen wir uns jedenfalls erstmal damit begnügen, dass der Laden, an dem Alex gehalten hat, dieses Produkt nicht führt.

Weiter, immer weiter. Diesmal regnet es stärker, so stark das man eigentlich nicht mal mehr 25 m weit schauen kann. Und diese komischen Australier fahren selbst dann noch ohne Licht… Zwischendurch halten wir noch an einem Bauern-Laden an (ich weiß gar nicht, wie man sowas sonst nennt) und decken uns mit Macadamia-Nüssen ein. Die Macadamia-Bäume hatten uns schon eine Weile links und rechts begleitet und dementsprechend günstig waren die Nüsse dann auch hier zu haben. Außerdem noch ein paar Birnen, eine überdimensionierte Bio-Ananas (ich hab doch tatsächlich jedes mal ein Problem mit diesem Wort…) und drei wunderbar gereifte Avocados.

Unsere Reise verschlägt uns ebenfalls ins idyllische Rosedale. Warum? Na, weil wir Hunger haben und an der zweispurigen Autobahn Werbung für eine Raststätte dort gemacht wird. Also biegen wir ab – und landen im Vorzeige-Kaff hoch 10!! Ich fühle mich wie in einem dieser Filme, in denen der gescheiterte Protagonist ans Ende der Welt reist, mitten ins Nirgendwo, um dort als Arzt oder Sheriff die Gemeinde etwas aufzuwühlen. Dieser Ort wirkt, als ob sich hier selten jemand fremdes verirren würde. Das Örtchen erreicht man über eine scheinbar ur-alte, hölzerne Brücke, die so aussieht als ob sie jeden Moment zusammenbrechen würde. Mama und ich sind etwas besorgt, Alex fährt ohne zu zögern drüber. Wenn da kein Schild ist, das es gefährlich sein könnte, dann ist es auch nicht gefährlich. Achso läuft das hier!! Drüben gibt es ein Gemeindehaus mit Tafeln, auf denen für den nächsten Bingo-Abend am Freitag geworben wird. Rechts steht eine einzelne antike, aber noch funktionierende Zapfsäule vor einem ebenso antik aussehendem Tante-Emma Laden. Das modernste hier scheint das neue „Polizei“-Schild zu sein, das vor einem kleinem privaten Wohnhaus steht. Anscheinend werden die straffällig gewordenen Mitbürger direkt beim Sheriff Zuhause im Keller eingesperrt. Wer weiß ob man da je wieder herauskommt.

Nach all diesen Eindrücken sehen wir jedoch nichts, das nach einem Restaurant oder Diner aussieht und drehen wieder um. Zurück geht es über die Todes-Holz-Brücke in Richtung Zivilisation. Links unten sehen wir noch ein altes, fast zerfallenes Gebäude. Auch hier steht eine antike Zapfsäule vor, anscheinend wurde diese „alte“ Tankstelle Anno 1700 von der „moderneren“ Variante von Tante Emma abgelöst. Ach ne – da gab’s ja noch gar keine Autos. Achso, und Australien wurde ja auch erst 1720 entdeckt – oder war es 1770? Alex ist sich nicht sicher. Also befrage ich mein allwissendes Smartphone.

In der Lektüre über Captain James Cook finde ich schnell heraus, dass 1720 gar nicht sein kann. Der Gute ist nämlich erst 1728 geboren. Ich vertiefe mich in diesen Artikel und sauge ihn nur so in mich auf. Irgendwie ist das alles ziemlich spannend, wer hätte gedacht was der Alte Cook so alles entdeckt und erlebt hat! Scheint ein liebenswerter Kerl gewesen zu sein, der ganz nebenbei quasi den ganzen Pazifischen Ozean kartographiert hat. Die Zeit vergeht währenddessen ziemlich schnell und bekomme gar nicht so richtig mit, wo wir sind oder was so passiert.

Wir finden schließlich noch eine weitere Raststätte, diesmal direkt an der Autobahn. Ein richtig klassischer Diner, mit selbstgemachten Burgern, Pizza und vielem mehr und seehr netten und vor allem persönlichem Personal. Gefällt mir sehr gut, vor allem die Burger sind extrem lecker!!

Die letzte Etappe unserer Reise steht uns bevor. Wir kommen ein paar Stunden später heile und zufrieden in Gladstone an. Hier dürfen wir bei Sevdas Schwester übernachten, die selber gerade bei Sevda zu Besuch ist. Ein wenig Verwirrung stiftet die Tatsache, das statt der eigentlichen Hausnummer 75 eine große 80 am Eingang befestigt ist, aber wir sind hier trotzdem richtig. Die super nette Verwalterin kommt runter und gibt uns den Schlüssel und hoch geht’s in die 4. Etage.

Nazli, so heißt Sevdas Schwester, hat wirklich ein super schönes Apartment mit zwei Schlazimmern und riesen großen Balkon. Wir nutzen die Zeit und entspannen. Die drei Anderen ziehen los um Mamas Kosmetikartikel zu bekommen und ich schreibe weiter an Artikeln für den Blog. Danach gibt es eine Kleinigkeit zu essen – Omelette, Avocado-Creme, Brot und Wassermelone (*__*) – und dann sind wir alle auch schon wieder sehr müde. Ich schreibe weiter, Alex fummelt ebenfalls am Laptop rum. Mama und Papa gehen schlafen. Gegen halb 10 gehe ich noch ein mal runter zum Skypen mit Deutschland und spaziere dabei durch die Landschaft. Es sind immer noch 25°C.

 

Jetzt bin auch ich müde. Alex schläft schon und ich sitze schwitzend auf der Couch und beende gerade diesen Artikel. 1400 Wörter… ist wieder mehr geworden als gedacht.

Ich wünsche euch einen wunderschönen Tag in Deutschland. Ich weiß, bei euch ist es kalt und das ist ungeil, aber genießt die Tage trotzdem und denkt an euren nächsten Urlaub im Warmen 🙂

Bis morgen dann!

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